Nun sind wir wieder aus Bayern (keine Leinenpflicht!!) und Wien (Fortbildung) zurück.
Jetzt geht es mit den Blogeinträgen weiter – heute mit einem Welpenthema...
Gerade vor zwei Wochen hatten wir in unserer Welpengruppe über die Sozialisierung an „verschiedene“ Menschen gesprochen und entsprechende Übungen durchgeführt. Kontakte mit der belebten Umwelt sind gerade in der Zeit von der dritten bis zur zwölften Lebenswoche und auch noch später sehr wichtig und sollten dem Welpen in angenehmer Form auf jeden Fall ermöglicht werden. Nicht nur Hundekontakte, sondern alle positiven Begegnungen mit anderen Tieren und Menschen „aller Art“ sind notwendig, um dem kleinen Hund eine gesunde Entwicklung und ein gelassenes Leben zu ermöglichen.
Durch meine Tätigkeit in der Verhaltensmedizin und als Hundetrainerin kommen im Laufe der Jahre einige Geschichten über „Begegnungen der anderen Art“ zusammen – also das Zusammentreffen mit Menschen, die situationsbedingt ganz anders aussehen, als sonst und die man im Alltag so nicht trifft. Es kann also bei diesen Extremfällen keine Sozialisierung stattgefunden haben und so ist es für die Hunde oft gar nicht so einfach, mit solchen Begegnungen umzugehen.
Ein Referent aus England erzählte vor einigen Jahren auf einer Fortbildung von einem sehr gut sozialisierten und ausgebildeten Hund, der eines Tages auf dem Spaziergang um die Ecke blickte und plötzlich außer sich war. Als der Hundeführer nachrückte, wurde deutlich, was den Hund so aufgebracht hatte. Die Ursache war ein Kanalarbeiter, der zur Hälfte in den Schacht gestiegen war. Klar, dass der Hund noch nie im Leben einen „halben“ Menschen gesehen hatte und das bedrohliche Etwas durch Bellen vertreiben wollte.
Ein Teilnehmer aus meiner Hundeschule konnte relativ knapp hintereinander ein paar „Sozialisierungsdefizite“ bei seinem Hund entdecken.
Das eine Mal war die etwas fülligere Nachbarin in ihrem Garten mit Unkraut jäten zu Gange. Der Hund dieses Teilnehmers kam sehr aufgeregt aus dem Garten zurück und wollte nicht mehr nach draußen. Als der Besitzer nachsehen ging, konnte er von der Nachbarin weder Kopf noch Oberkörper sehen – aus dem Blickwinkel des Hundes natürlich besonders skurril. Der Hund hatte ebenfalls „Erstkontakt“ zu einem „halben“ Menschen, der aber komischerweise nur aus einem Hinterteil bestand, das sich ab und zu bewegte. Ein paar Tage später trug ein anderer Nachbar eine Matratze vor sich her ins Haus und der Hund reagierte wieder ganz aufgeregt. Klar, wann sieht man denn schon ein Rechteck mit Beinen und Händen, aber ohne Kopf, welches sich bewegt….. Natürlich wurden alle Situationen für den Hund angenehm aufgelöst, der Hund durfte Kontakt aufnehmen, so dass hier keine Angstproblematik entstehen konnte.
Ich kann mich noch gut erinnern, als vor vielen Jahren die Inline-Skates aufkamen und unser damaliger Hund zum ersten Mal einen Menschen auf Rollen sehen konnte. Dieser Skater konnte, da die Rollschuhe noch ganz neu auf dem Markt waren, noch nicht so gut fahren, so dass er zusätzlich noch wild mit den Armen wedelte und dann zu guter Letzt hinfiel. Das entgeisterte Gesicht unseres Hundes können Sie sich bestimmt vorstellen. Heutzutage sind gehören Skater ja zum Straßenbild und sollten unbedingt in den Sozialisierungsprozess eingebunden sein (Kontakte mit Skatern oder Radfahrern sind Prüfungselemente in den gängigen Hundeführerscheinprüfungen)
Über Ostern hatte ich meine Familie in Bayern und so auch meine Schwägerin getroffen. Ab und zu arbeitet sie im Legoland Deutschland als Animateurin mit Stelzen. Sie ist dann bunt kostümiert und geschminkt und mit sehr hohen Stelzen und einem großen Hut unterwegs.
Legoland hat eine angegliederte Hundebetreuung, in welcher die Tiere, die nicht mit auf das Gelände dürfen, für die Zeit des Besuchs der Besitzer untergebracht sind.
Dummerweise muss meine Schwägerin im Tagesverlauf ab und zu auf einem Weg hinter den Hundegehegen entlang gehen – natürlich mit Stelzen und Kostümierung. Sie hat dann sehr nett beschrieben, wie fast alle Hunde reagieren. Zuerst wird es ganz still, wenn sie dort vorbeistelzt. Dann sieht sie in verwirrte Hundegesichter – auch freundliches Ansprechen hilft nicht (die Skepsis und wahrscheinlich die ganze Person ist dann doch zu groß), also setzt sie ihren Weg weiter fort. Kaum ist sie in einem gewissen Abstand, außerhalb der „kritischen Zone“ für die Hunde, bricht ein Tohuwabohu aus Bellen und Aufregung los. Logisch, wenn schon vertreiben, dann besser erst, wenn dieses komische Etwas weit genug weg ist und es so aussieht, als würde es nicht mehr zurückkommen – Pflicht ist Pflicht.
Wenn Sie mit Ihrem Hund solch komische Begegnungen haben, so ist es wichtig, die Situation für den Hund angenehm aufzulösen. Sorgen Sie bitte dafür, dass Ihr Hund Kontakt aufnehmen kann. Wichtig ist, den Hund nicht zu zwingen, sondern ihm Zeit zu lassen, selbstständig zu entscheiden, wann er sich traut. Dazu braucht man Geduld und nette Mitmenschen, die sich ebenfalls die Zeit nehmen. Ist eine Kontaktaufnahme nicht möglich, so sollten Sie nicht versuchen, Ihren Hund zu beruhigen oder zu trösten. Trost kommt in der Tierwelt nicht vor, so dass Ihr Hund Ihre Reaktion völlig falsch deuten wird. Bleiben Sie selbst möglichst entspannt, souverän und gelassen und gehen Sie am besten kommentarlos mit Ihrem Hund aus der Situation, wenn keine Kontaktaufnahme möglich ist und Ihr Hund sich zu sehr aufregt. Kann Ihr Hund Kommandos befolgen, so sollten Sie versuchen, in gewisser Entfernung zum Reiz seine Aufmerksamkeit zu bekommen und durch ein paar einfache Gehorsamsübungen die starke Emotionalität abzuschwächen.
Wer noch Hunde - Begegnungen mit „komischen“ Menschen erleben durfte, kann sie mir gerne schreiben oder hier als Kommentar berichten, ich freue mich sehr!
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