Donnerstag, 7. März 2013

Über das Arbeiten mit Hunden und Menschen


Heute schreibe ich über ein persönliches (und emotionales) Thema und möchte ein kleines Resumee einiger Jahre Arbeit mit Hunden und ihren Menschen ziehen. Freud und Leid des Hundetrainers also, Einblicke, warum ich so arbeite, wie ich arbeite und was manchmal unschön ist. Warum mir so am Herzen liegt, dass Hunde (wirklich) gewaltfrei trainiert werden.

Das Arbeiten mit Hunden und Menschen kann traumhaft sein und wahnsinnigen Spaß machen, vor allem, wenn Erfolge zu verzeichnen sind und man helfen kann. Hierzu muss man sehr viel Ideologie mitbringen, aber es macht auch (!) den Trainer sehr glücklich, wenn z.B. ein Hund, der über Jahre aggressiv gegenüber anderen Hunden reagiert hat, nach Trainingsstunden mit einer gewaltfreien, durchdachten Methode unter Beachtung der Lerngesetze plötzlich bemerkt, dass es auch anders geht, weil er endlich Alternativen lernen durfte und Unterstützung für das angemessene Verhalten von seinem Besitzer erfährt. Wenn entfremdete Hund-Halter-Teams wieder zusammenwachsen und wieder Freude aneinander haben.
Wenn man einen Hund durch Training, durch Verhaltensmodifikation, durch Verhaltensmedizin vor dem Tierheim oder der Einschläferung bewahren kann (die drohende Einschläferung wird leider oft als Argument für Gewalt und Strafe gebracht – glauben Sie mir, ein effektives Training zur Verhaltensmodifikation kann nur mit dem Einsatz von positiver Verstärkung auf wissenschaftlichen Weg funktionieren – auch eine bevorstehende Einschläferung kann und darf nie eine Rechtfertigung für Schmerzen und Leid beim Tier darstellen!).
Oder die Freude in den Augen der Besitzer, die ihren Hund nach einer Odyssee durch verschiedene Hundeschulen oder Trainerhände schon verloren geglaubt haben, wenn ein neuer, freundlicher und durchdachter Trainingsansatz zu ersten und weiteren Erfolgen führt. Wenn die Menschen wieder wohlwollend gegenüber ihren Hunden sein dürfen und sollen, wenn sie den Auftrag bekommen, vor allem richtiges und angemessenes Verhalten wahrzunehmen, zu markieren und zu fördern, statt bei Fehlern grob werden zu müssen. Wenn sie auch mal Spaß an ihrem Hund haben dürfen. Das macht sehr euphorisch und glücklich und ich möchte dies auch keinen Moment missen – dafür arbeite ich, dafür bilde ich mich fort und lerne stets weiter.

Schön sind auch die Stunden in der Hundeschule, wenn den Hundebesitzern sinnvolles „Handwerkszeug“ für das tägliche Leben und für freundliches Lernen und Miteinander mit auf den Weg gegeben werden kann, die Teilnehmer weiterkommen und mit Spaß und Freude üben. Wenn die Hunde ihre Besitzer beim Training „anstrahlen“ und sich freuen, dass sie arbeiten dürfen. Wenn die Menschen besser verstehen, wie Hunde „gestrickt“ sind. Wenn die Entwicklung eines Hundes vom Welpen bis zum Erwachsenen mit verfolgt werden kann und sich ein toller, entspannter Hund entwickelt. Wenn Hundebesitzer merken, wie viel Spaß ein positives Training bringt, wie schnell und erfolgreich sie sein können und wie einfach es sein kann. Wenn die Hunde Spaß am Arbeiten mit ihren Menschen haben. Das ist wunderbar. Dann liebe ich diesen Job.
Schön finde ich auch, selbst offen zu bleiben und neue Trainingsmöglichkeiten zu lernen – und wenn diese dann auch effektiv sind. Man lernt nie aus und es macht glücklich, neue Ansätze kennen zu lernen, die das eigene Arbeiten und die eigenen Kenntnisse erweitern. Da ist allerdings auch viel Selbstinitiative gefragt; sich auf „langjähriger Erfahrung“ auszuruhen finde ich nicht richtig. Vor allem, wenn man bedenkt, wie sich das Arbeiten mit Hunden alleine in den letzten zehn Jahren geändert hat.
Wenn Hunde den Trainer auch nach Jahren wiedererkennen und sich „einen Ast freuen“, wenn Hundebesitzer berichten, dass die Hunde im Auto protestieren, wenn man am außerhalb der Trainingszeiten am Trainingsplatz vorbeifährt, wenn man viele nette und sympathische Menschen durch die Arbeit kennen lernen darf. Das ist das Schöne an der Arbeit.


Aber – es gibt auch traurige und frustrierende Momente, Menschen und Situationen, die wütend oder hilflos machen, Dinge, die auf die Nerven gehen.

Fremde Hunde im Alltag und auf Spaziergängen zu sehen, die versuchen, mit ihren Menschen zu „sprechen“, die nachfragen, die auf ein Feedback hoffen und doch keine Antworten bekommen. Die zeigen, wie sehr sie die Situation, aus der sie nicht entkommen können, stresst, aber der Mensch nimmt das Wortlose leider nicht wahr.  
Man sieht mit ganz anderen Augen, die berufsbedingt darauf geschult sind, Hunde zu lesen und zu beobachten. Man kann dieses „Lesen“ nicht abstellen, auch nicht am Wochenende oder in der Freizeit, auch nicht bei fremden Hunden und das kann manchmal belastend sein. Nicht selten sieht man Angst, Unsicherheit und Furcht in Mimik und Körpersprache, wenn der Hund in der Nähe „seiner“ Menschen ist – das finde ich besonders schlimm.

Oder man beobachtet Hunde, die gelernt haben, andere Hunde zu bedrängen und bedrohen, weil ihnen ihre Menschen nicht beigebracht haben, wie man mit Hunden „höflich“ Kontakt aufnimmt. Für den ruppigen Hund selbst ist es ebenso ätzend, da er sich leider nur unfreundlich verhalten kann und er stets Gefahr läuft, in Beißereien zu geraten. Menschen, die ihre freilaufenden Hunde in fremde Trainingsgruppen oder auf einen angeleinten Hund zu poltern lassen.

Hundehalter und Trainer, die aversive Methoden anwenden. Trainer, die mit „gewaltfrei“ werben und dann doch nicht entsprechend arbeiten –nur schnell aufgesprungen auf den Zug, es zieht heutzutage einfach besser! Hundebesitzer, die manchmal aufgeben, weil irgendein Bekannter meint, ein strukturiertes, auf positiver Verstärkung basierendes Training würde nichts bringen oder viel zu lange dauern – meist wird schlicht zu selten trainiert und der Hund ist der Leidtragende. Hundebesitzer, die die Trainer oder Hundeschulen wie Unterwäsche wechseln und dem Hund nie die Chance geben, ein stabiles Verhalten zu erlernen; Hundebesitzer, die nach einem Termin nicht mehr weiter üben, weil sie sich nur Absolution holen wollten und im Grunde gar keinen Willen zum Training hatten („ ich war ja einmal beim Trainer, das hat nichts gebracht“). Wenn die „dunkle Seite“ gewinnt.

Dieses ewige „Bloß nicht motivieren, bloß nicht belohnen, bloß nicht loben, bloß keine „Wattebäusche“ werfen, um Gottes Willen, wie kann man nur freundlich zum Hund sein? „Waaas, dein Hund darf …?“   der Hund muss doch alles aus Respekt machen, man muss Rudelführer sein, „soziales Lernen“…was bin ich es leid und was kann ich es nicht mehr hören!

Einer der schlimmsten Anblicke ist ein Hund, der sich aufgegeben hat, der kein Verhalten mehr anbietet, der kaum zu motivieren ist…meist sind dies Hunde, die mit Strafen und Gewalt trainiert wurden oder anderweitig traumatisierte Hunde. Dieser Anblick ist sehr traurig und oft ist es schwierig, diese Hunde wieder zugänglich zu machen. Vielleicht bin ich zu emotional, aber gerade Empathie (mit Hund und Mensch) muss meines Erachtens bei Trainern vorhanden sein.

Diese ganzen beschönigenden Begriffe für Bullshit: ein Leinenruck wird zum „tickeln“, zur „Welle“, zum „Arrete“; zum „Impuls“;  ein ständiges Kneifen des Hundes wird damit abgetan, dass Hunde das ebenso machen würden, „Schon-Ruck-Halsbänder“ für Stachelwürger mit Noppen, „Anti-Bell-Halsband“ für Psychoterror-Vorrichtungen, die auch dann losgehen, wenn jemand hustet, eine Autotüre zuknallt oder ein anderer Hund bellt. Diese ganzen „Erziehungshilfen“, wie Endloswürger, Kettenhalsbänder, Vorrichtungen, die in die Achselhöhlen oder den Hals einschneiden und empfindliche Nervengeflechte verletzen können – alles scheinbar legitime und leicht zu erwerbende „Hilfsmittel“, die im Grunde nicht durchgeführtes Training ersetzen und angeblich rasche Abhilfe schaffen sollen. Wenn in vielen Haushalten Wasserspritzpistolen und Schepperdosen oder Wurfketten einsatzbereit liegen, wenn Leute diese Dinge für harmlos erachten. Was Hundebesitzern oft angeraten wird … es ist unfassbar, von was für Absurditäten und Gefährlichem man in der Arbeit oft hört und was den Haltern allen Ernstes empfohlen wurde. 

Keine Stachelhalsbänder bitte!
Der Einsatz von Metallnäpfen zum „Verhaltensabbruch“.  Holy Shitstorm! Und berechtigt, gut so!

Unglücksfälle und traurige Zufälle, bei welchen man liebgewonnene „Tierpatienten“ verliert. Schwierige Fälle, die einen auch im Alltag und in der freien Zeit beschäftigen und „begleiten“, die manchmal Sorgen machen.

Wenn Hundevermehrer und schlechte Züchter jegliche Umweltsicherheit und Sozialisation verhindern und kranke und verhaltensauffällige Hunde verkaufen, um schnelle Geschäfte zu machen.

Ist doch schön, draußen mit Tieren arbeiten zu können!
Ist es auch, aber so ab und zu hat die Arbeit auch kleine Nachteile….

Bei Kälte, Eis, Regen und Wind fünf bis sechs Stunden draußen stehen, gute Laune behalten und Erkältungen abwehren. Bei Hitze, Sonne und staubtrockener Luft von 9.00 bis 18 Uhr draußen stehen und keinen Sonnenbrand abbekommen.
Die Arbeitszeiten, arbeiten, wenn andere Freizeit haben, arbeiten, wenn der Rest deiner Familie Wochenende hat. Für mich persönlich auch doof, nie ein komplettes Wochenende zu haben - ich bin für die Einführung eines zusätzlichen Tags zwischen Samstag und Sonntag!
Ein lieber Mensch sagte einmal zu mir: „Hättest Du halt was Gescheites gelernt!“ Der Satz bringt mich immer wieder zum Schmunzeln (ich habe ja was Gescheites gelernt…).
Menschen, die Termine vereinbaren und dann, ohne abzusagen, nicht erscheinen.
Auch mal negatives Feedback in den Trainingseinheiten oder Kursen geben zu müssen. Feedback und Verbesserungsmöglichkeiten sind wichtig, wenn man dazulernen möchte. Manchmal auch sagen zu müssen, hey, jetzt lass doch deinen Hund einfach mal Hund sein und menschliche Übermotivation zu bremsen.
Der Blick des eigenen Hundes, wenn man den ganzen Tag mit „fremden“ Hunden unterwegs war, ist auch oft nicht schön oder zumindest das, was man in einen solchen Blick hineininterpretiert. Ach ja, und der eigene Hund, der ungewollt doch irgendwie zum Aushängeschild wird. Unser Hund ist kein Werbeobjekt, er darf Familienhund sein und ist nicht perfekt – und das ist auch gut so, denn wir haben viel Spaß und vieles kann unser Hund tatsächlich super, wir sind ein gutes Team. Ich habe, ganz ehrlich gesagt, einige Zeit gebraucht, das lockerer zu sehen.
Mit dem Herrn rechts oben habe ich nichts zu tun!
Ja, insgesamt ist es wirklich ein schöner „Beruf“ und er ist die kleinen Wermutstropfen wirklich wert.

Aber man muss bereit sein, stets weiter zu lernen und  sich selbst zu verbessern. Man sollte fundiert und auf aktuellem Stand arbeiten können. Man sollte Spaß bei der Arbeit haben und Anlässe, sich zu freuen, finden können!

Halten Sie mich für vermessen, aber ich kann mir nicht vorstellen, dass das Arbeiten über Zwang, Druck, Bedrohung, „Rudelkonzept“ und Strafe für das persönliche Seelenheil eines Trainers gut sein kann oder zufrieden macht. Ich kann mir nicht vorstellen, dass Freude oder Glück an Erfolgen gefühlt werden können, wenn man über Gewalt arbeitet oder diese anrät, wenn das Training nur aus „Dont´s“ besteht. Ich glaube nicht, dass Menschen, welchen Vertrauen entgegen gebracht wird, etwas vermitteln sollten, was nicht richtig und veraltet ist. Es gibt wissenschaftliche Nachweise und somit BE-weise für die Wirksamkeit eines auf der Basis positiver Verstärkung beruhenden Trainings (im Gegensatz zu den Strafmethoden, die widerlegt sind). Man müsste sich nur damit auseinandersetzen.

Und man müsste als Hundehalter einfach mehr auf den Bauch hören und auf das achten, was der eigene Hund mitteilt. Das scheint leider oft verloren gegangen zu sein.

Aber vielleicht können wir ja etwas daran ändern. Das ist doch das Ziel.

You don´t need to be a pack leader! Ehrlich! Versprochen!

2 Kommentare:

  1. www.hunderversteher-nrw.de8. März 2013 um 14:55

    Danke Dir,
    dass Du auch "meine Gedanken zum Thema" nieder geschrieben hast.

    FREU, freu, freu,... hier "einer Schwester im Geiste" begegnet zu sein.

    LG
    Ewald Kurtz

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  2. Da kann ich dir nur Recht geben! Die Arbeit mit Hunden ist sehr wichtig!

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