Heute schreibe ich über ein persönliches (und emotionales)
Thema und möchte ein kleines Resumee einiger Jahre Arbeit mit Hunden und ihren
Menschen ziehen. Freud und Leid des Hundetrainers also, Einblicke, warum ich so
arbeite, wie ich arbeite und was manchmal unschön ist. Warum mir so am Herzen
liegt, dass Hunde (wirklich) gewaltfrei trainiert werden.
Das Arbeiten mit Hunden und Menschen kann traumhaft sein und
wahnsinnigen Spaß machen, vor allem, wenn Erfolge zu verzeichnen sind und man
helfen kann. Hierzu muss man sehr viel Ideologie mitbringen, aber es macht auch
(!) den Trainer sehr glücklich, wenn z.B. ein Hund, der über Jahre aggressiv
gegenüber anderen Hunden reagiert hat, nach Trainingsstunden mit einer gewaltfreien,
durchdachten Methode unter Beachtung der Lerngesetze plötzlich bemerkt, dass es
auch anders geht, weil er endlich Alternativen lernen durfte und Unterstützung
für das angemessene Verhalten von seinem Besitzer erfährt. Wenn entfremdete
Hund-Halter-Teams wieder zusammenwachsen und wieder Freude aneinander haben.
Wenn man einen Hund durch Training, durch
Verhaltensmodifikation, durch Verhaltensmedizin vor dem Tierheim oder der
Einschläferung bewahren kann (die drohende Einschläferung wird leider oft als
Argument für Gewalt und Strafe gebracht – glauben Sie mir, ein effektives
Training zur Verhaltensmodifikation kann nur
mit dem Einsatz von positiver Verstärkung auf wissenschaftlichen Weg
funktionieren – auch eine bevorstehende Einschläferung kann und darf nie eine
Rechtfertigung für Schmerzen und Leid beim Tier darstellen!).
Oder die Freude in den Augen der Besitzer, die ihren Hund
nach einer Odyssee durch verschiedene Hundeschulen oder Trainerhände schon
verloren geglaubt haben, wenn ein neuer, freundlicher und durchdachter Trainingsansatz
zu ersten und weiteren Erfolgen führt. Wenn die Menschen wieder wohlwollend
gegenüber ihren Hunden sein dürfen und sollen, wenn sie den Auftrag bekommen,
vor allem richtiges und angemessenes Verhalten wahrzunehmen, zu markieren und
zu fördern, statt bei Fehlern grob werden zu müssen. Wenn sie auch mal Spaß an
ihrem Hund haben dürfen. Das macht sehr euphorisch und glücklich und ich möchte
dies auch keinen Moment missen – dafür arbeite ich, dafür bilde ich mich fort und
lerne stets weiter.
Schön sind auch die Stunden in der Hundeschule, wenn den
Hundebesitzern sinnvolles „Handwerkszeug“ für das tägliche Leben und für
freundliches Lernen und Miteinander mit auf den Weg gegeben werden kann, die
Teilnehmer weiterkommen und mit Spaß und Freude üben. Wenn die Hunde ihre
Besitzer beim Training „anstrahlen“ und sich freuen, dass sie arbeiten dürfen. Wenn
die Menschen besser verstehen, wie Hunde „gestrickt“ sind. Wenn die Entwicklung
eines Hundes vom Welpen bis zum Erwachsenen mit verfolgt werden kann und sich
ein toller, entspannter Hund entwickelt. Wenn Hundebesitzer merken, wie viel
Spaß ein positives Training bringt, wie schnell und erfolgreich sie sein können
und wie einfach es sein kann. Wenn die Hunde Spaß am Arbeiten mit ihren
Menschen haben. Das ist wunderbar. Dann liebe ich diesen Job.
Schön finde ich auch, selbst offen zu bleiben und neue Trainingsmöglichkeiten
zu lernen – und wenn diese dann auch effektiv sind. Man lernt nie aus und es
macht glücklich, neue Ansätze kennen zu lernen, die das eigene Arbeiten und die
eigenen Kenntnisse erweitern. Da ist allerdings auch viel Selbstinitiative
gefragt; sich auf „langjähriger Erfahrung“ auszuruhen finde ich nicht richtig.
Vor allem, wenn man bedenkt, wie sich das Arbeiten mit Hunden alleine in den
letzten zehn Jahren geändert hat.
Wenn Hunde den Trainer auch nach Jahren wiedererkennen und
sich „einen Ast freuen“, wenn Hundebesitzer berichten, dass die Hunde im Auto
protestieren, wenn man am außerhalb der Trainingszeiten am Trainingsplatz
vorbeifährt, wenn man viele nette und sympathische Menschen durch die Arbeit
kennen lernen darf. Das ist das Schöne an der Arbeit.
Aber – es gibt auch traurige und frustrierende Momente,
Menschen und Situationen, die wütend oder hilflos machen, Dinge, die auf die
Nerven gehen.
Fremde Hunde im Alltag und auf Spaziergängen zu sehen, die
versuchen, mit ihren Menschen zu „sprechen“, die nachfragen, die auf ein
Feedback hoffen und doch keine Antworten bekommen. Die zeigen, wie sehr sie die
Situation, aus der sie nicht entkommen können, stresst, aber der Mensch nimmt
das Wortlose leider nicht wahr.
Man sieht mit ganz anderen Augen, die berufsbedingt darauf
geschult sind, Hunde zu lesen und zu beobachten. Man kann dieses „Lesen“ nicht
abstellen, auch nicht am Wochenende oder in der Freizeit, auch nicht bei
fremden Hunden und das kann manchmal belastend sein. Nicht selten sieht man
Angst, Unsicherheit und Furcht in Mimik und Körpersprache, wenn der Hund in der
Nähe „seiner“ Menschen ist – das finde ich besonders schlimm.
Oder man beobachtet Hunde, die gelernt haben, andere Hunde
zu bedrängen und bedrohen, weil ihnen ihre Menschen nicht beigebracht haben,
wie man mit Hunden „höflich“ Kontakt aufnimmt. Für den ruppigen Hund selbst ist
es ebenso ätzend, da er sich leider nur unfreundlich verhalten kann und er
stets Gefahr läuft, in Beißereien zu geraten. Menschen, die ihre freilaufenden Hunde
in fremde Trainingsgruppen oder auf einen angeleinten Hund zu poltern lassen.
Hundehalter und Trainer, die aversive Methoden anwenden. Trainer,
die mit „gewaltfrei“ werben und dann doch nicht entsprechend arbeiten –nur schnell
aufgesprungen auf den Zug, es zieht heutzutage einfach besser! Hundebesitzer,
die manchmal aufgeben, weil irgendein Bekannter meint, ein strukturiertes, auf
positiver Verstärkung basierendes Training würde nichts bringen oder viel zu
lange dauern – meist wird schlicht zu selten trainiert und der Hund ist der
Leidtragende. Hundebesitzer, die die Trainer oder Hundeschulen wie Unterwäsche
wechseln und dem Hund nie die Chance geben, ein stabiles Verhalten zu erlernen;
Hundebesitzer, die nach einem Termin nicht mehr weiter üben, weil sie sich nur
Absolution holen wollten und im Grunde gar keinen Willen zum Training hatten („
ich war ja einmal beim Trainer, das hat nichts gebracht“). Wenn die „dunkle
Seite“ gewinnt.
Dieses ewige „Bloß nicht motivieren, bloß nicht belohnen, bloß
nicht loben, bloß keine „Wattebäusche“ werfen, um Gottes Willen, wie kann man
nur freundlich zum Hund sein? „Waaas, dein Hund darf …?“ – der
Hund muss doch alles aus Respekt machen, man muss Rudelführer sein, „soziales
Lernen“…was bin ich es leid und was kann ich es nicht mehr hören!
Einer der schlimmsten Anblicke ist ein Hund, der sich aufgegeben hat, der kein Verhalten mehr anbietet, der kaum zu motivieren
ist…meist sind dies Hunde, die mit Strafen und Gewalt trainiert wurden oder
anderweitig traumatisierte Hunde. Dieser Anblick ist sehr traurig und oft ist
es schwierig, diese Hunde wieder zugänglich zu machen. Vielleicht bin ich zu
emotional, aber gerade Empathie (mit Hund und Mensch) muss meines Erachtens bei
Trainern vorhanden sein.
Diese ganzen beschönigenden Begriffe für Bullshit: ein
Leinenruck wird zum „tickeln“, zur „Welle“, zum „Arrete“; zum „Impuls“; ein ständiges Kneifen des Hundes wird damit
abgetan, dass Hunde das ebenso machen würden, „Schon-Ruck-Halsbänder“ für
Stachelwürger mit Noppen, „Anti-Bell-Halsband“ für Psychoterror-Vorrichtungen,
die auch dann losgehen, wenn jemand hustet, eine Autotüre zuknallt oder ein
anderer Hund bellt. Diese ganzen „Erziehungshilfen“, wie Endloswürger,
Kettenhalsbänder, Vorrichtungen, die in die Achselhöhlen oder den Hals
einschneiden und empfindliche Nervengeflechte verletzen können – alles
scheinbar legitime und leicht zu erwerbende „Hilfsmittel“, die im Grunde nicht
durchgeführtes Training ersetzen und angeblich rasche Abhilfe schaffen sollen. Wenn
in vielen Haushalten Wasserspritzpistolen und Schepperdosen oder Wurfketten einsatzbereit
liegen, wenn Leute diese Dinge für harmlos erachten. Was Hundebesitzern oft
angeraten wird … es ist unfassbar, von was für Absurditäten und Gefährlichem
man in der Arbeit oft hört und was den Haltern allen Ernstes empfohlen wurde.
Keine Stachelhalsbänder bitte! |
Der Einsatz von Metallnäpfen zum „Verhaltensabbruch“. Holy Shitstorm! Und berechtigt, gut so!
Unglücksfälle und traurige Zufälle, bei welchen man
liebgewonnene „Tierpatienten“ verliert. Schwierige Fälle, die einen auch im
Alltag und in der freien Zeit beschäftigen und „begleiten“, die manchmal Sorgen
machen.
Wenn Hundevermehrer und schlechte Züchter jegliche
Umweltsicherheit und Sozialisation verhindern und kranke und
verhaltensauffällige Hunde verkaufen, um schnelle Geschäfte zu machen.
Ist doch schön, draußen mit Tieren arbeiten zu können!
Ist es auch, aber so ab und zu hat die Arbeit auch kleine
Nachteile….
Bei Kälte, Eis, Regen und Wind fünf bis sechs Stunden
draußen stehen, gute Laune behalten und Erkältungen abwehren. Bei Hitze, Sonne
und staubtrockener Luft von 9.00 bis 18 Uhr draußen stehen und keinen Sonnenbrand
abbekommen.
Die Arbeitszeiten, arbeiten, wenn andere Freizeit haben,
arbeiten, wenn der Rest deiner Familie Wochenende hat. Für mich persönlich auch
doof, nie ein komplettes Wochenende zu haben - ich bin für die Einführung eines
zusätzlichen Tags zwischen Samstag und Sonntag!
Ein lieber Mensch sagte einmal zu mir: „Hättest Du halt was
Gescheites gelernt!“ Der Satz bringt mich immer wieder zum Schmunzeln (ich habe
ja was Gescheites gelernt…).
Menschen, die Termine vereinbaren und dann, ohne abzusagen,
nicht erscheinen.
Auch mal negatives Feedback in den Trainingseinheiten oder
Kursen geben zu müssen. Feedback und Verbesserungsmöglichkeiten sind wichtig,
wenn man dazulernen möchte. Manchmal auch sagen zu müssen, hey, jetzt lass doch
deinen Hund einfach mal Hund sein und menschliche Übermotivation zu bremsen.
Der Blick des eigenen Hundes, wenn man den ganzen Tag mit
„fremden“ Hunden unterwegs war, ist auch oft nicht schön oder zumindest das,
was man in einen solchen Blick hineininterpretiert. Ach ja, und der eigene Hund,
der ungewollt doch irgendwie zum Aushängeschild wird. Unser Hund ist kein
Werbeobjekt, er darf Familienhund sein und ist nicht perfekt – und das ist auch
gut so, denn wir haben viel Spaß und vieles kann unser Hund tatsächlich super,
wir sind ein gutes Team. Ich habe, ganz ehrlich gesagt, einige Zeit gebraucht,
das lockerer zu sehen.
Mit dem Herrn rechts oben habe ich nichts zu tun! |
Ja, insgesamt ist es wirklich ein schöner „Beruf“ und er ist
die kleinen Wermutstropfen wirklich wert.
Aber man muss bereit sein, stets weiter zu lernen und sich selbst zu verbessern. Man sollte fundiert
und auf aktuellem Stand arbeiten können. Man sollte Spaß bei der Arbeit haben und
Anlässe, sich zu freuen, finden können!
Halten Sie mich für vermessen, aber ich kann mir nicht vorstellen, dass das Arbeiten über Zwang, Druck, Bedrohung, „Rudelkonzept“ und Strafe für das persönliche Seelenheil eines Trainers gut sein kann oder zufrieden macht. Ich kann mir nicht vorstellen, dass Freude oder Glück an Erfolgen gefühlt werden können, wenn man über Gewalt arbeitet oder diese anrät, wenn das Training nur aus „Dont´s“ besteht. Ich glaube nicht, dass Menschen, welchen Vertrauen entgegen gebracht wird, etwas vermitteln sollten, was nicht richtig und veraltet ist. Es gibt wissenschaftliche Nachweise und somit BE-weise für die Wirksamkeit eines auf der Basis positiver Verstärkung beruhenden Trainings (im Gegensatz zu den Strafmethoden, die widerlegt sind). Man müsste sich nur damit auseinandersetzen.
Und man müsste als Hundehalter einfach mehr auf den Bauch hören und auf das achten, was der eigene Hund mitteilt. Das scheint leider oft
verloren gegangen zu sein.
Aber vielleicht können wir ja etwas daran ändern. Das ist
doch das Ziel.
You don´t need to be a pack leader! Ehrlich! Versprochen!
Danke Dir,
AntwortenLöschendass Du auch "meine Gedanken zum Thema" nieder geschrieben hast.
FREU, freu, freu,... hier "einer Schwester im Geiste" begegnet zu sein.
LG
Ewald Kurtz
Da kann ich dir nur Recht geben! Die Arbeit mit Hunden ist sehr wichtig!
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