Wie jedes Jahr herrscht in Niedersachsen vom 01.04. bis zum 15.07. wieder wegen der Brut- und Setzzeit Leinenpflicht.
Viele Hundehalter (ich glaube, wir alle) empfinden diese Zeit als sehr quälend, sowohl für den Hund als auch für sich selbst, wird doch das eigentlich artgerechte und ohne Leine viel konfliktfreiere Zusammensein von Hunden im Freilauf drastisch eingeschränkt. Gleichzeitig gibt es viel zu wenig offizielle Freilaufflächen.
Da sehr viele Kontrollen stattfinden, müssen wir da wohl alle durch, Gesetz ist Gesetz. Nur, was tun, um den Hund auszulasten?
Man könnte versuchen, die Zeit der Leinenpflicht als Chance zu verstärktem Training zu nutzen, um nach dieser Zeit einen auch auf Distanz führigen Hund zu besitzen. Ziel der Arbeit mit dem Hund wäre also, dass dem Hund vermittelt wird, das es immer dann ganz besonders klasse ist, wenn man in der Nähe des Hundeführers ist und eher langweilig, wenn man frei läuft. Natürlich sind die Kontakte mit Artgenossen sehr wichtig für ein hundegerechtes Leben und müssen auch beibehalten werden, aber warum nicht Teile der täglichen Rundgänge in eine gestärkte und intensivere Bindung zum Hund investieren? Ja, es macht ein wenig Arbeit, diese Trainingseinheiten vorzubereiten und der Spaziergang ist nicht so entspannt wie zu den Zeiten, in welchen man sich nicht groß kümmern muss, wenn der eigene Hund mit seinen Kumpeln tobt. Gemeinsames Training führt aber eben auch dazu, dass der Hund danach mehr Freiheiten haben kann, weil er gut trainiert ist und mehr auf den Hundeführer achtet – auch im Freilauf.
Wie kann man vorgehen?
Besorgen Sie sich eine Schlepp- oder Feldleine (für den Anfang reichen fünf Meter), ein gut sitzendes Geschirr und eventuell einen Clicker (das Timing ist für die Ausführung der Distanzkommandos ja besonders wichtig).
Nun können Sie an der langen Leine den Rückruf üben, zwischendurch ein wenig Leinenführigkeit einbringen, dann wieder Bleib-Übungen einbauen, die Rückorientierung des Hundes verstärken, Kommandos auf Distanz trainieren (Sitz, Platz, Stop) oder Futtersuchen oder Suchen des Lieblingsspielzeuges (mit Spieleinheit belohnen!) auf Signal hin üben – es gibt zahlreiche Möglichkeiten, die alle dazu führen, dass der Hund beschäftigt und gut ausgelastet ist.
Wichtig ist, dass das Training über positive Verstärkung aufgebaut wird, sonst ist es wahrscheinlich mehr eine Tortur, wenn man nicht frei laufen darf und dabei noch durch grobes Training gestresst wird. Der Hund soll es als besonders angenehm empfinden, einen gewissen Radius um den Hundehalter einzuhalten – das geht natürlich nicht, wenn mit Druck und Zwang gearbeitet wird und der Hund am liebsten möglichst viel Abstand halten will.
Da man meist in ablenkungsreichen Gebieten unterwegs ist, kommt es hier durch diese Übungen auch zu einer Verbesserung der Kontrolle über den Hund und auch dazu, dass die Teamarbeit zwischen Hund und Halter sich intensiviert – später kann man dann viel leichter Einfluss auf den Hund nehmen. Auch Hunde mit Jagdleidenschaft könnten hier eine Verbesserung der Lebensqualität erfahren, durch die intensive Arbeit mit und die Konzentration auf den Besitzer kann vieles zum Positiven beeinflusst werden.
Man könnte quasi privates, tägliches Longiertraining mit dem Hund betreiben, könnte den Hund auslasten und gleichzeitig die Bindung stärken. Die Distanzkontrolle unter größerer Ablenkung kann aufgebaut und gefestigt werden. Man kann täglich in angemessenen Arbeitseinheiten, ohne Wartezeiten und wann immer man möchte, üben und kommt gut durch die eigentlich unschöne Zeit der Leinenpflicht. Eine tolle DVD mit Lehrbüchlein zum Longiertraining für den Garten oder eben abgewandelt für den Spaziergang gibt es von Pia Gröning.
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Ein weiterer großer Vorteil ist, dass der Hund das Verbleiben in der Nähe bei seinem Besitzer, so, wie es eigentlich sein sollte, toll findet und nicht immer nur im Freilauf „sein eigenes Ding durchzieht“. Dieses Phänomen kann ja auch oft beobachtet werden – viele Hundehalter führen den Hund auf die Freilauffläche, stellen sich hin und warten – mehr passiert von Seiten des Hundebesitzers meist nicht. Dort sind sie dann bei ihrem eigenen Hund oft komplett abgemeldet, sobald andere Hunde anwesend sind. Das ist doch eigentlich schade – es geht aber eben auch anders!
Also, besser die Zeit der Leinenpflicht als Chance sehen, auf der Basis der positiven Verstärkung arbeiten und ab Juli mit einem ausgelasteten, führigen und fröhlichen Hund viel mehr Freude haben. Es hat viele Vorteile, die Zeit sinnvoll zu nutzen.
(Fast) grenzenlose Freiheit ist natürlich schöner... |