Freitag, 15. April 2011

Die Sache mit "der harten Hand"...


Durch einige Vorkommnisse in der eigenen Praxis und Hundeschule wollte ich gestern schon voller Zorn über diejenigen schreiben, die meinen, ihre Hunde dadurch erziehen zu können, dass sie sie "ihrer Macht" unterwerfen. Zu oft herrscht die Einstellung, die Hunde benötigen eine "harte Hand" und müssen die "Dominanz der Besitzer" spüren. Und so wird es auch von einigen Hundetrainern angeraten.
Als "Blog-Neuling" war ich mir dann doch nicht so sicher, wie weit man sich aus dem Fenster lehnen kann und soll. Doch dann habe ich heute bei Klartext Hund den Eintrag "Der Hundeflüsterer - Machtbesessen und aggresiv" gelesen. Ja, manchmal muss man sich aus dem Fenster lehnen, wenn es darum geht, denen zu helfen, die fast stranguliert werden sich nicht helfen können.
Petra Mertens stellte schon 2007 auf der GTVMT-Jahresveranstaltung fest:
In den USA werden punitive Methoden wieder populärer (s. Cesar Milan). Dabei ist Konfrontation ineffektiv und kann zu Bissen führen.
Die Hierarchien von Wolfsrudeln in Gefangenschaft wurden viel zu lange fälschlich auf die Hund-Mensch-Beziehung übertragen (Mech 2008). Bei dem Hund in dem bei Klartext Hund gezeigten Video ist Machtausübung und Gewaltanwendung beim Anblick eines anderen Hundes ziemlich kontraproduktiv. In diesen emotionalen Momenten ist der Hund nicht in der Lage zu lernen. Statt dessen wären fach- und tierschutzgerechte Methoden wirksamer und nachhaltiger und  für den Hundehalter auch leichter und gefahrloser umsetzbar. Wieso muss Milan in fast jedem Abschnitt betonen, der Hundebesitzer solle dies nie alleine versuchen? Was ist dann also der Zweck dieser Videos, wenn die Methoden für den Halter des Hundes nicht anwendbar sind? Wie Thomas Riepe aber leider sehr treffend schreibt, geht es eben oft nicht nur um die Erziehung des Hundes sondern vor allem um das Selbstwertgefühl der Besitzer und Trainer und damit eben um die Demonstration einer vermeintlichen Macht.

Allerdings erfolgt bei vielen Besitzern diese Einsicht erst sehr spät, nämlich nach der Entlassung aus der Notaufnahme, nachdem sie bei der "Alpharolle" erfahren haben, wer tatsächlich stärker ist (denn Hunde fühlen sich bei diesen "Erziehungsmethoden" oft so bedroht, dass sie ihre persönliche Unversehrtheit zu verteigen suchen). Daher bleibt nur zu hoffen, dass das Wissen um tiergerechte Erziehungsmethoden stärker ist, als die Publicity um Cesar Milan, damit nach solchen Behandlungen nicht die Euthanasie als letzte Möglichkeit bleibt.

Sehr gut, wenn auch auf englisch, der Blogeintrag von LadyCyon zu diesem Thema. Daraus stammt auch das Foto oben. Andrew Luescher zeigt in seinem offenen Brief an National Geographic auf, dass die Methoden von Milan unter "Flooding" und "positiver Strafe" einzuordnen sind. In Deutschland sind beide Methoden tierschutzwidrig. Luescher hat vor der Ausstrahlung dieser Reihe deutlich gemacht, dass diese Methoden veraltet und unakzeptabel sind. Weiterhin erklärt er auch, dass keiner der gezeigten Hunde in dieser Reihe ein "Dominanzproblem" gegenüber den Besitzern gehabt hätte - nahezu alle Hunde wurden also falsch diagnostiziert.
Es ist leider immer einfacher, alle unerwünschten Verhaltensweisen auf ein "Dominanzproblem" des Hundes zu schieben, statt sich Gedanken über die eigentliche Entstehung der Probleme zu machen.

1 Kommentar:

  1. Esther (http://twitter.com/#!/EsdeGroot) hat mir über Twitter einen sehr guten, wenn auch erschreckenden, Kommentar dazu geschickt:
    "Perhaps it is just die Zeitgeist, after book "Battle Hymn of the Tiger Mother" dogs should be disciplined as well?"
    Ich befürchte, dass sie da recht hat, wenn die Menschen es schon toll finden, ihre Kinder so zu dominieren und zu (be)zwingen, dann ist das wahrscheinlich bei deren Hunden ähnlich.

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