Viele Hundebesitzer haben eine Abneigung gegenüber Belohnungen für Hunde, insbesondere gegenüber Futterbelohnungen. Man
hört doch immer wieder, ganz aus alter Tradition, dass der Hund „aus Respekt folgen
soll“, er müsse doch nicht immer belohnt werden, Hunde bräuchten so etwas gar
nicht etc. Lob und Belohnung werden oft nur verschämt gegeben und manchmal nur,
wenn auch wirklich keiner hinsieht.
Bei genauerer Betrachtung ist das Belohnen und vor allem Belohnen
mit Futter nichts, was verschämt stattfinden muss. Um Verhalten gezielt und
dauerhaft zu fördern, ist Loben und Belohnen in schlauem Training unbedingt
notwendig! Hunde lernen nicht „aus
Respekt“, das sieht die Natur nicht vor.
Es gibt sehr viele Möglichkeiten, Hunde zu belohnen und die Belohnung muss und sollte nicht immer nur Futter sein (hier klicken) – an dieser Stelle auch ein kleines „Hoch“ auf Umweltbelohnungen, deren Einsatz allerdings für den Halter oft ein wenig schwieriger zu planen und umzusetzen ist, obwohl man mit statt gegen die Umwelt arbeiten könnte.
Wichtig ist auch, dass die Belohnung situativ passt und ob
sie im Zusammenhang mit der Motivationslage mit angeborenem Verhalten
konkurriert.
Sicher ist jedoch immer: Verhalten, welches sich für den
Hund in irgendeiner Form auszahlt, wird häufiger gezeigt.
Ich selbst habe meinen Hund bereits vier Jahre (es ist nicht
unser erster Hund, der so trainiert wurde) und ja: ich lobe
und belohne meinen Hund immer noch, ich trage meistens Futter- und
Spielbelohnungen mit mir herum, ich setze Umweltbelohnungen ein, ich lobe immer
noch, wenn mein Hund auf meine Signale reagiert und ich lobe und belohne, wenn
mein Hund mir selbständig erwünschtes Verhalten anbietet. Und manchmal gebe ich
auch einfach so etwas, „nur“, weil mein Hund in meiner Nähe bleibt und auf mich
achtet (meines Erachtens ein sehr hochwertiges Verhalten). Ich passe die
Belohnungsrate der aktuellen Umgebung an (viel Ablenkung = hohe Belohnungsrate
mit viel Lob und „Cash“). Natürlich nutze ich sehr häufig auch belohnende
Situationen und Handlungen (Premack-Prinzip), aber eben gezielt und dann, wenn sie
verfügbar sind und passen.
Mein Hund muss nicht aus Respekt arbeiten, das würde ich
auch gar nicht wollen. Der Hund muss nichts in Frage stellen, weil es für ihn
sonnenklar ist, wie wir arbeiten, dass wir zusammenarbeiten
und was sich auszahlt. Das Hundetier hat gelernt, bei mir „nachzufragen“ – sehr
angenehm, wenn es nach dem Aufbau freiwillig gezeigt wird - und das meiste
davon hat das Hundetier gelernt, weil ich regelmäßig belohnt habe und immer
noch und wieder belohne. In unserem Training wird stark die Kooperation betont,
der „Respekt“ des Hundes ist mir herzlich egal, denn ich muss ihn mir gar nicht
erzwingen. Und, das ist wichtig, ich
versuche, die Bedürfnisse meines Hundes zu respektieren, sie zu erkennen und
mit ihnen zu arbeiten, statt dagegen. Das ist leider nicht immer möglich (z. B.
Gefahren, Verstoß gegen Gesetze, z. B. Jagen, jemand wird belästigt oder
gefährdet etc.), aber wo es geht, setze ich es um.
Das Arbeiten über Druck und Zwang hat absolut nichts mit
„Respekt“ zu tun – der Hund reagiert dann vielleicht, aber das Signal wird
meist nicht verlässlich ausgeführt, sobald derjenige, der „den Respekt
einfordert“, weiter weg ist. Und wenn man doch unbedingt respektiert werden
„möchte“, so möchte man doch sehen können, dass der Hund gerne mitarbeitet und den (vermeintlichen) Respekt auch gerne zeigt!
Alles, was Sie als Belohnung einsetzen möchten, sollte Ihr Hund gerne haben oder im Moment gerne durchführen wollen (sonst ist es nicht belohnend bzw. motivierend, was „Respektsbezeugungen“ ja quasi ausschließt). Was Sie als Belohnung einsetzen, sollte zudem nicht stets zur freien Verfügung stehen, es muss etwas sein, dessen Einsatz Sie „kontrollieren“, also gezielt zur Belohnung verwenden können.
Spätestens hier wird es mit Futterbelohnungen besonders einfach: sie sind leicht zu
transportieren, können gezielt eingesetzt werden, sind günstig und erlauben in
einer Trainingseinheit viele Wiederholungen, da sie klein sind und schnell
„wirken“.
Futterbelohnungen sind punktgenau, nicht zu viel, nicht zu
wenig belohnend, mal besonders lecker, mal durchschnittlich, je nach Ausführung
des Signals. Die Größe kann an den jeweiligen Hund angepasst werden, es geht
nicht um das Sattwerden, sondern um ein angenehmes Gefühl bzw. den guten
Geschmack auf der Zunge. Futterstücke in Fingernagelgröße bzw. halber
Fingernagelgröße reichen oft aus.
Werden Futterbelohnungen korrekt und strukturiert
eingesetzt, so führt es nicht dazu, dass Ihr Hund nur folgt, wenn auch Futter
zugegen ist. Es besteht ein großer Unterschied zwischen „immer nur Leckerchen
geben“ und dem sinnvollen und gezielten Einsatz von Futterbelohnungen!
Clickern mit Futterbelohnung |
Ein kontrollierter Einsatz von Umweltbelohnungen, Spielbelohnungen,
Aufmerksamkeit und Streichelbelohnungen ist manchmal schwieriger umzusetzen und
in der Planung etwas aufwändiger. Für einen Hundebesitzer, der die Bedürfnisse
seines Hundes kennt und Gelegenheiten nutzt, ist ein Einsatz von
Umweltbelohnungen nicht besonders schwer und auch äußerst effektiv, da
Handlungen den höchsten Motivationscharakter haben. Ich stelle leider immer
wieder fest, dass manche Menschen
spätestens hier kein Interesse mehr haben oder das Training scheinbar zu
schwierig wird. Bevor dann gar nicht belohnt wird, ist es doch besser, wenn
Futterbelohnungen zum Einsatz kommen.
Rennen als Belohnung |
Streichelbelohnungen übrigens sollte der Hund auch als
belohnend empfinden, dies ist oft nicht der Fall, schon gleich gar nicht in
ablenkungsreicher Umgebung und meist auch nicht in der „Kopftätschelmanier“
oder mittels des „Brustklopfens“, das wir Menschen so gerne einsetzen. Hunde
haben keine Hände, sie „streicheln“ sich nicht so, wie wir Menschen streicheln.
Berührungen mit der Pfote im Kopf- oder Nackenbereich haben unter Hunden zudem eine
völlig andere Bedeutung – oft nichts Gutes. Testen Sie Ihren Hund, ob er gerne
gestreichelt wird, ansonsten ist ein gestreichelt werden nicht motivierend und
belohnend. Hierzu ein toller Film (auf Englisch, aber die relevanten Punkte
sind sehr gut zu erkennen):
Wichtig ist noch, das ein Streicheln im Haus, in entspannter Stimmung bestimmt für viele Hunde sehr angenehm ist, aber ist es das draußen, in einer ablenkungsreichen Umgebung auch? Beobachten Sie Ihren Hund und „lesen“ Sie seine Körpersprache!
Wichtig ist noch, das ein Streicheln im Haus, in entspannter Stimmung bestimmt für viele Hunde sehr angenehm ist, aber ist es das draußen, in einer ablenkungsreichen Umgebung auch? Beobachten Sie Ihren Hund und „lesen“ Sie seine Körpersprache!
Zurück zu den Futterbelohnungen, sie haben viele Vorteile
und ich möchte erklären, warum ich sie auch gerne einsetze:
Ganz pragmatisch, unser Hund zeigt deutlich, dass er
Futterbelohnungen am hochwertigsten findet. Ich richte mich hier stark nach dem
Hund, denn nur der Hund kann entscheiden, was er als belohnend bzw. am stärksten
belohnend empfindet. Was ich als belohnend für den Hund erachte, findet er
vielleicht gar nicht so toll oder empfindet es als unangenehm (z. B.
Streichel“belohnungen“). Es sollte also immer auch auf den Hund geachtet
werden.
Nahezu jedes Tier ist durch Futter zu motivieren. Alle
Lebewesen müssen essen, kein Tier verhungert freiwillig, so dass Futter per se
schon eine hohe Wertigkeit hat. Wird es zusätzlich noch neben den Mahlzeiten
(der Hund muss satt werden und sollte
nicht hungrig sein müssen) gezielt eingesetzt, so kann man mit dem Einsatz von
Futter sehr effektiv, sehr schnell und äußerst sicher trainieren, formen und
bestätigen.
Es wäre doch sehr schlau, für sich selbst (als Mensch) einen
Vorteil daraus zu schlagen. Die für das Training benutze Futtermenge zieht man
einfach von der Napfration ab –der Hund kann also gar nicht zu dick werden.
Das angeblich steigende Körpergewicht wird auch häufig als
Argument eingesetzt, um nicht mit Futterbelohnungen zu arbeiten. Ob Sie nun
Schokolade vom Teller zu einer bestimmten Zeit essen oder aus der Hand über den
ganzen Tag in kleinen Stückchen, ändert nichts daran, dass ein Zuviel davon
definitiv ansetzt. Wenn also schmackhafte Futterbelohnungen gegeben werden, die
oft für einen schnellen Trainingsfortschritt verantwortlich sind, sollte dies
von der regulären Futtermenge abgezogen werden. Gleichzeitig ist es auch
wichtig, für entsprechende Aktivitäten und Bewegung zu sorgen, da sind Hunde
kaum anders als Menschen.
Fast zu groß... |
Lustigerweise haben die Hundebesitzer in den seltensten
Fällen ein Problem damit, ihrem Hund (meist für ein sehr „billiges“ und nicht
besonders schwieriges Verhalten, z. B. sitzen in der ablenkungsarmen Küche und „halt“
noch kurz warten, bis man dran darf) einen ganzen Napf Futter zu geben,
sträuben sich aber, Teile des Futters gezielt im Training einzusetzen. Ein Napf
Futter entspricht doch zirka fünfzig Belohnungshappen, wenn man es gezielt
einsetzt. Wieso also nicht ein wenig von der Napfration abzwacken und zum
Training benutzen? Den Rest kann und sollte man selbstverständlich aus dem Napf
verfüttern. Auch Barfer können entsprechende Anteile des Futters zur Belohnung
verwenden.
Es gibt Untersuchungen, die die effektive Wirkung von Futterbelohnungen bestätigen, z. B. hier: , gleichzeitig gibt es einige Studien, welche das „Arbeiten aus Respekt“
im Gegenzug bezüglich der Effektivität doch recht „alt“ aussehen lassen (Strafen sind ineffektiv, ein paar Studien sind im Blogbeitrag
verlinkt).
Ein weiteres, häufiges Gegenargument ist, dass man seinen
Hund „nicht bestechen“ möchte.
Es gibt einen großen Unterschied zwischen Bestechung und
Belohnung! Bei der Bestechung erlockt man ein Verhalten dauerhaft, indem man
das Futter immer zeigt und vorhält. Bei einer Belohnung wird erst ein Verhalten gezeigt, dieses wird
verbal oder mit einem Click gelobt
und kurz danach belohnt. Ein
belohnter Hund hat gelernt, dass er die Belohnung erhält, wenn er ein
bestimmtes Verhalten ausgeführt hat. Ein gelockter Hund wird nur dann ein
Verhalten zeigen, wenn er sich sicher sein kann, dass auch Futter in der Hand
gehalten wird. Schade, denn es ist eigentlich so einfach!
Auch im Training kann es ab und zu nötig werden, ein paar
Durchgänge des Verhaltens zu erlocken, denn wir können unseren Hunden meist nicht
mit Worten erklären, was sie tun sollen – sie würden es nicht verstehen, denn Hunde
haben kein Sprachzentrum. Wenn der Hund den Ablauf oder das Gewünschte verstanden
hat, muss er nicht mehr gelockt werden – es sollte jetzt definitiv kein Futter
mehr in der Hand gehalten werden, sondern erst nach dem Lob aus der Tasche geholt und gegeben werden.
Natürlich kann man Verhaltensweisen auch ohne Locken frei
formen, es ist eine schöne Form des „fehlerfreien Lernens“, der Hund darf aktiv
mitarbeiten und mitdenken, der Hundekopf arbeitet auf Hochtouren, das Gelernte
wird sehr gut gespeichert. Es macht auch sehr viel Spaß, aber leider möchte
nicht jeder so trainieren.
Aber ob Belohnung oder Bestechung vorliegt, hängt alleine
von den Trainingsfähigkeiten bzw. dem Wissen des Halters ab, der Hund reagiert
nur, wie ein Hund eben reagiert.
Interessanterweise gilt der als Lockmittel eingesetzte und
vor die Hundenase gehaltene Ball nie als „Bestechung“… komisch!
Futterbelohnungen wirken übrigens rasseunabhängig, auch Problemhunde und als „dominant“ bezeichnete Hunde
sprechen gut darauf an. Manchmal wird argumentiert, der Hund sei stur,
bestimmte Rassen seien stur und ohne Zwang nicht zu trainieren – mit Belohnung
schon gleich gar nicht. Dieser Gedanke ist grundsätzlich falsch. Bestimmte
Hunde machen einfach „dicht“, wenn über Druck trainiert wird und dies sind oft besonders
intelligente Hunde. Ich persönlich kenne keine sturen Hunde, sie sind alle
immer irgendwie zu motivieren (hier könnten nun die Umweltbelohnungen wieder
ins Spiel kommen). Oft sind die als „nicht trainierbar“ geltenden Hunde
diejenigen, die am einfachsten über Belohnungen oder Futterbelohnungen
trainiert werden können.
Umweltbelohnung "Schnüffeln" |
Es gibt Situationen, in welchen Hunde mit Problemverhalten
nicht mehr fressen können – dies ist ein deutliches Stressanzeichen, die
Reizintensität ist zu hoch! Bitte Abstand vergrößern und niemals, wie es so oft
praktiziert oder angeraten wird, sofort direkt in eine aufregende Situation
hineingehen und die unerwünschte Reaktion starten lassen! Hier muss
längerfristig trainiert werden, in einer den Hund überfordernden Situation ist
kaum Lernen möglich.
Ich sehe in meiner Arbeit die größten und schnellsten
Trainingserfolge bei Besitzern, die mit Lob und Belohnung nicht geizig, sondern
besonders großzügig sind und kann nur bestätigen: je häufiger Sie erwünschtes
Verhalten belohnen, eventuell sogar besonders schmackhaft oder mit besonders
beliebten Handlungen, desto häufiger wird es auch gezeigt.
Es muss nicht immer Futter zur Belohnung sein, aber bitte keine Scheu vor Futterbelohnungen, die in Kombination mit Umweltbelohnungen fast unschlagbar sind! Wenn es gerade passt, warum denn nicht?
Viel Spaß!